Gaming leicht, Leben schwer? Lies das.

Du hast dich bestimmt schon mal gefragt, warum das Leben sich manchmal unglaublich schwer anfühlt, während Gaming einfach immer funktioniert? Und es fühlt sich an, als würden alle anderen besser vorankommen, mehr Energie haben, disziplinierter sein und irgendwie auch mehr Spaß im Leben finden, während bei dir alles eher zäh und langweilig wirkt?

Dieses Gefühl kennen viele. Und besonders Gamer berichten davon häufiger als andere, da gibt es Erhebungen dazu. Ich weiß das nicht nur aus meiner Arbeit als psychologischer Berater und Gaming Youtuber, sondern auch aus eigener Erfahrung.

Früher habe ich selbst viel zu viel gezockt. Damals war mir nicht klar, dass das, was ich da erlebe, psychologisch und neurowissenschaftlich absolut Sinn ergibt. Ich hätte mir gewünscht, das früher zu verstehen. Vielleicht wäre ich dann einen anderen, weniger mühseligen Weg gegangen. Aber das Gute ist: Heute kann ich genau darüber sprechen und klar aufzeigen, was wirklich dahintersteckt.

Warum wir zum Controller greifen, statt unser Leben zu steuern

Zocken macht Spaß, klar. Aber oft tun wir es nicht nur, weil es unterhält, sondern weil wir damit negative Emotionen unterdrücken. Unser Gehirn liebt schnelle Lösungen: Gaming schaltet die emotionale Verarbeitung ab und gibt uns direkt einen Dopaminkick.

Dopamin und Serotonin sind Botenstoffe, die das Gehirn zum Denken, Fühlen und Handeln braucht. Dopamin sorgt dafür, dass sich Verhalten gut anfühlt und sich im Gehirn verankert. Es belohnt dich also für bestimmte Handlungen. Serotonin hingegen stabilisiert deine Stimmung und gibt dir das Gefühl von innerer Ruhe und Zuversicht, oft auch Selbstbewusstsein genannt.

Beim Gaming gibt es massenhaft Dopamin, aber kaum Serotonin. Das führt dazu, dass du dich kurzfristig gut fühlst, aber langfristig unausgeglichen und unzufrieden bleibst.

Mit der Zeit entsteht so ein Teufelskreis:

  • Alles außerhalb von Games wirkt langweilig und anstrengend.

  • Größere Aufgaben fühlen sich überwältigend an.

  • Selbst kleine Entscheidungen werden manchmal zur unüberwindbaren Hürde.

Das ist kein persönliches Versagen. Es ist die Folge von blockierten exekutiven Funktionen im Gehirn. Was das genau ist, erzähle ich dir jetzt.

Warum du kein „fauler Versager“ bist

Kennst du das? Im Spiel verstehst du die komplexesten Mechaniken blitzschnell. Aber im echten Leben wird vieles schnell zu einer zähen, mühsamen Herausforderung.

Das hat handfeste neurologische Gründe:

  • Die Fähigkeit, große Aufgaben in kleine Schritte zu zerlegen, ist blockiert.

  • Dein Gehirn hat sich daran gewöhnt, schnelle Belohnungen zu bekommen.

Exekutive Funktionen sind Fähigkeiten deines Gehirns, mit denen du Aufgaben planst, Entscheidungen triffst und große Ziele in kleine, machbare Schritte aufteilst.

Wenn du zu viel zockst, können diese Funktionen verkümmern. Selbst einfache Dinge wie „Einkaufen gehen“ oder „für eine Prüfung lernen“ fühlen sich dann überfordernd an, weil dein Gehirn nicht mehr gut darin ist, die nötigen Zwischenschritte zu erkennen. Es scheint, als würdest du ständig an der Startlinie stehen. Unfähig, den ersten Schritt zu machen.

Mein persönlicher Wendepunkt

Auch bei mir hat sich das erst geändert, als ich an einem Punkt war, an dem gar nichts mehr ging. Nach einer schwierigen Trennung stand ich irgendwann da, innerlich zerbrochen, und habe begonnen, mich zum ersten Mal wirklich mit mir selbst auseinanderzusetzen.

Ein wichtiger Schritt war, einfach mal „Ja“ zu sagen, statt immer alles totzudenken. Ich habe also beschlossen, zu ALLEM ja zu sagen, was unterm Strich nicht nur positiv war. Heute weiß ich, wie man denselben Effekt auf schonendere Weise auslösen kann. Allerdings bin ich durch meine damals radikale Art zum Kampfsport gekommen. Ein guter Freund fragte mich ob ich ins Training komme und ich musste eben “Ja” sagen, das war mein neues Gesetz. Und das hat mein Leben verändert. Nicht, weil Kampfsport magisch Probleme löst, sondern weil ich dadurch in aller Deutlichkeit erlebt habe, wie gut es tut, reale Erfolge zu spüren. Die persönliche, menschliche Unterstützung aller Menschen, die ich im Gym kennengelernt habe, hat auch immens geholfen dabei. Ich hatte es vorher für unmöglich gehalten, eine derart positive Erfahrung in diesem Kontext zu machen. Ohne meinen “Ja-Schwur” wäre ich also niemals dort hingegangen.

Das alles war anstrengend, ich war ja null trainiert und hatte Nudelarme, oft unangenehm, aber auch unglaublich heilsam:

Ich habe gelernt, mich nicht mehr nur aus Situationen herauszudenken, sondern sie zu durchleben.

Wie du selbst den Kreis durchbrechen kannst

Der wichtigste Schritt ist, zu verstehen:
Du bist nicht kaputt. Du bist lediglich in einem ungünstigen, inneren System gelandet. Du hast dich bloß verskillt, könnte man sagen. Aber das kannst du ändern.

Hier ein paar konkrete Gedankenanstöße:

  • Versteh dein Gehirn. Wissen, wie du funktionierst, macht alles leichter.

  • Stell dich unangenehmen Gefühlen. Sie sind nicht dein Feind, sondern Wegweiser.

  • Mach kleine Schritte. Nicht der große Lebensplan zählt, sondern das, was heute möglich ist.

  • Hol dir reale Erfolge. Egal wie klein: sie setzen die richtigen Botenstoffe frei.

Gaming muss nicht aus deinem Leben verschwinden. Aber es sollte Teil eines größeren Lebens werden, nicht dessen Ersatz.

Wenn du diesen Artikel bis hierher gelesen hast, hast du bereits den ersten Schritt gemacht: Du hast angefangen, dich mit dir selbst auseinanderzusetzen.

Der Rest ist kein Sprint, sondern ein Prozess. Aber du wirst sehen: Wenn du verstehst, wie dein Kopf wirklich tickt, fühlt sich das Leben plötzlich nicht mehr nach Dauer-Bossfight an, sondern nach einem Abenteuer, das du gestalten kannst.

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Gaming ist wundervoll und hinterhältig